Seit ihrer Geburt in den 70er-Jahren sind Computerspiele weltweit zu einem kulturellen Phänomen geworden. Laut einer Ifop-Umfrage der Französischen Agentur für Videospiele (Agence Française pour le Jeu Vidéo) die 2018 anhand einer Stichprobe von 2.023 Personen durchgeführt wurde, spielen 68% der befragten Personen in Frankreich Videospiele1, das heißt zwei Drittel der französischen Bevölkerung. Im genannten Jahr betrug der Umsatz der Videobranche allein in Frankreich 4,9 Milliarden Euro. Die Anzahl der Spieler hat sich im Lauf der Jahre -parallel zur Entwicklung der neuen Technologien stetig erhöht, sodass die Videospiele zu einer auf der ganzen Welt vorhandenen Freizeitbeschäftigung wurden.
Damit jedoch ein solches Phänomen neue Märkte erobern und zu einem weltweiten werden kann, mussten die Studios, die Videospiele entwickeln und produzieren, Sprachbarrieren überwinden, die ihre Produkte hervorriefen. Um diese zu umgehen, wählten sie jenen Lösungsweg, der wohl von jedem eingeschlagen wird, der exportieren möchte und dabei sicherstellen will, dass das Zielpublikum versteht, worum es sich handelt: Sie wendeten sich an Übersetzer*innen.
Der Begriff „Übersetzung“ bezeichnet die Übertragung eines Textes aus einer Quell- in eine Zielsprache, aber auch eine Bündelung verschiedener Berufe unter diesem großen Dachbegriff, die alle, ohne Ausnahme, mit in diesem linguistischen Prozess zu tun haben. Unter den zahlreichen Verästelungen dieser Berufsgruppen, die man Spezialisierungen nennt, können die Übersetzer*innen den Weg der Lokalisierung wählen.
Die Lokalisierung ist der Prozess der Anpassung eines Produktes oder eines Inhalts für einen bestimmten Ort oder Markt. Diese Maßnahme verleiht dem Produkt ein spezifisch für den Zielmarkt entwickeltes Gesicht oder Stil, unabhängig von Sprache, Kultur oder geografischer Lage“2. So spricht man von der Lokalisierung eines Computerspiels genauso wie von der einer Website oder einer mobilen App, zum Beispiel. Diese Spezialisierung ist nun aufgrund ihrer engen Gebundenheit an den technologischen Fortschritt noch eine recht junge, denn ihr Aufschwung geht mit dieser blühenden Technologie einher.
Im Fall der Computerspiele stellt sich die Frage, ob dieser Umwandlungsprozess der Quell- in die Zielsprache eher als fachspezifische Übersetzung, Anpassung oder Multimedialokalisierung betrachtet werden kann. Denn es wäre in der Tat ein Fehler, die Übersetzung von Computerspielen, auch wenn diese klar der Lokalisierung zuzurechnen sind, als ortangepasste Produkte zu verstehen.Über die Analyse des Anteils und der Bedeutung der drei unterschiedlichen hier betrachteten Bereiche wird nachfolgend die Bandbreite jener Qualifikationen bestimmt, denen Übersetzer*innen genügen müssen, die Eingang in die Welt der Lokalisierung finden möchten, insbesondere in die Branche der Computerspielindustrie.
I) Am Ursprung aller Prozesse: die fachspezifische Übersetzung
Jede Branche verfügt über eine sehr genaue Terminologie, üblicherweise um jegliches Verständnisproblem zwischen den verschiedenen in der Branche aktiven Personen zu vermeiden. Der Bereich der Computerspiele stellt hier keine Ausnahme dar: Übersetzer*innen gehören so zum Bereich der spezialisierten Übersetzung, wobei sie es oftmals mit einer Reihe unterschiedlicher Quellmaterialien zu tun haben, deren Großteil in jedem Videospiel vorhanden ist. Diese Elemente können in zwei große Kategorien eingeordnet werden:Text und Paratext3.
Textmaterial
Als Textmaterial wird hier die Gesamtheit aller Textelemente bezeichnet, die die Übersetzer*innen in eine Zielsprache überführen müssen so wie für jede andere Übersetzungsdisziplin. Und ist Disziplin hier überhaupt der richtige Ausdruck? Hier geht es um Praktiken, nicht um übersetzungswissenschaftliche Analysen: Es handelt sich um semantische Elemente, aus denen das Skript des Spiels unter anderem besteht, aber auch die zahlreichen Menüs, die Untertitel und das Voiceover. In der Tat erscheinen zahlreiche Textelemente auf dem Bildschirm, ohne dass diese direkt in das Narrativ eingebunden wären; sie sind es vielmehr auf interaktive Art, um so als Brücke zwischen dem Szenario, dem gameplay, und dem Spieler zu fungieren. Man kann sie unter dem Überbegriff der sogenannten in-games (oder IG) zusammenfassen, mit anderen Worten allem, „das im Computerspiel enthalten ist oder sich direkt in ihm abspielt, im Gegensatz zu dem, was außerhalb des Spiels oder in der Wirklichkeit stattfindet“4, wiederum auch bezeichnet als in real life, allgemein mit IRL abgekürzt. In ihrem gemeinsam verfassten Buch5 liefern Méndez González und Calvo-Ferrer eine umfassende Kategorisierung dieser Textelement, die in nachfolgender Übersicht dargestellt werden:
Textelement |
Beschreibung |
Menüs |
Menüs sind Optionslisten, die auf dem Bildschirm erscheinen und es dem Spieler ermöglichen, nach seinen Bedürfnissen vor und während des Spiels unterschiedliche Aktionen zu initiieren. Es gibt zahlreiche Arten von Menüs, die sich in Aktionsmenüs, die mit der Spielaktion selbst verbunden sind, und Navigationsmenüs, die das Switchen zwischen verschiedenen Spieleinstellungen und das Anpassen aller möglichen Optionen ermöglichen, unterteilen lassen. Beispiel: Home-Menü, Pause-Menü, das Fähigkeiten, Optionsmenü, Einstellungsmenü (Helligkeit, Vibrationen, Lautstärke, Sprache) usw. |
Hilfe/Tutorials |
Wie der Name bereits nahelegt, handelt es sich um eine Folge von Texten, die dem Spieler die Hauptaktionen des Spiels erklären: angreifen, sich bewegen, springen, laufen, sich schützen, zielen usw. Die Anleitungssätze können entweder von einem NSC (Nicht-Spieler-Charakter), der sich in der Nähe der vom Spieler verkörperten Figur befindet, oder durch das Erscheinen eines einfachen Textfeldes angekündigt werden. Falls sie vergessen werden, können sie auch in einem Gesamtverzeichnis erscheinen, das der Spieler jederzeit einsehen kann. |
Nachrichten |
Nachrichten erscheinen regelmäßig während eines Spiels, um den Spieler über automatische Aktionen des Systems zu informieren (Speicher, Ladevorgang usw.). Andere dienen nur dazu, das Spiel zu starten. Hersteller wie Nintendo, Sony oder Microsoft benutzen nicht alle dieselbe Terminologie, weshalb Lokalisierungsübersetzer*nnen das Glossar des Kunden beachten muss, um „A drücken“, „Drücken Sie auf START“ oder „Press Start“ nicht zu verwechseln. |
Figuren steckbriefe |
Diese Profile enthalten mehr oder weniger detaillierte Beschreibungen der im Spiel vorkommenden Figuren. Festgehalten werden etwa deren Hauptmerkmale und besondere Fähigkeiten, manchmal auch Informationen über ihre Vergangenheit. Manche Profile sind dynamisch: Sie aktualisieren sich im Lauf der Zeit automatisch und nehmen, entsprechend der Entwicklung des Spielers zusätzliche Informationen auf. |
Fähigkeiten / Verbesserungen |
Sie befinden sich generell in den Personenbeschreibungen oder in einem kontextuellen Menü und beschreiben verschiedene Fähigkeiten und deren Ausbaumöglichkeiten, die dem Spieler durch einen Kompetenzbaum oder ein ähnliches Verfahren veranschaulicht werden (Beispiel: die „Sphärobretter“ in den Final Fantasy-Spielen). Die Anzahl und die Darstellung dieser Elemente hängen sehr stark von der Art des Spieles ab: Ein RPG enthält viel mehr davon als ein Schießspiel, wobei auf die visuelle Darstellung der Verbesserungsmöglichkeiten große Sorgfalt verwendet wird, damit sie für die Spieler leicht erfassbar und umsetzbar sind. Beispiele: Lebenspunkte, Angriff, Verteidigung, Schnelligkeit, Schäden, Heilung usw. |
Interaktionen |
Interaktionselemente stellen eine etwas besondere Kategorie der Nachrichten dar. Sie erscheinen zu bestimmten Momenten und an bestimmten Orten auf dem Bildschirm, um dem Spieler anzuzeigen, dass er mithilfe eines Element der Spielkulisse, eines Objekts oder einer anderen Spielfigur eine gewisse Aktion durchführen kann. Beispiel: mit einem Nicht-Spieler-Charakter sprechen, eine Türe öffnen, einen Hebel betätigen, hüpfen usw. |
Listen von Objekten |
Auf diese Listen trifft man im Laufe der Handlung an verschiedenen Orten wie z.B. in den Figurenmenüs oder den Verkaufsständen der Spielweltumgebung. Sie enthalten eine bestimmte Anzahl von Objekten, die der Spieler besitzt oder bei Händlern oder Handwerkern erwerben kann (Schmied, Gerber, Händler), mit einer Beschreibung des Objekts selbst, manchmal auch seiner Geschichte, wenn diese handlungsrelevant ist, sowie dessen Wirkung oder seiner Fähigkeit(en), die er in ihrem Besitz entwickeln kann. Beispiel: Waffe, Rüstung, Trank, Artefakt usw. |
Zeitungen, Bücher, Dokumente |
Im Zuge seiner Weiterentwicklung kann der Spieler Informationen und Dokumente sammeln, die ihm gleichzeitig als Logbuch und als Zusatzinformationen zur Geschichte oder zu den zu erobernden Gegenständen dienen können. Diese Textelemente werden den Menüs beigefügt und der Spieler kann sie jederzeit einsehen. Manche von ihnen werden mit der Zeit vervollständigt, manche verschwinden, wenn die mit ihnen verbundene Suche abgeschlossen ist. Beispiel: Bestiarium, Album, Fortschrittsverlauf, Foto, Brief etc. |
Trophäe, Erfolg, Belohnung |
Hier handelt es sich um eine weitere Kategorie von Nachrichten, die erscheinen, wenn der Spieler eine oder mehrere notwendige Bedingungen zum Erhalt Trophäen erfüllt hat. In der Liste, in der sie alle aufgeführt werden, findet man meist auch die Bedingungen, die notwendig sind, um sie zu erwerben. |
Vor- und Abspann |
Vor- und Abspann informieren über Namen und Funktionen der Personen, die bei der Produktion des Spiels mitgewirkt haben, ähnlich wie bei Abspannen von Filmen oder Serien. |
Paratextuelles Material
Der Paratext ist die Gesamtheit der Elemente, die einen Text umgeben, und dessen Ziel es ist, dem Leser eine gewisse Anzahl an Informationen zu liefern, um ihm zu helfen, den Text besser verstehen und nachvollziehen zu können. Er besteht aus zwei Untereinheiten: dem Peritext und dem Epitext. Der erste besteht aus einer Anzahl von Texten, die den Haupttext eines Werkes vervollständigen und einen Bestanddteil desselben darstellen (Vorwort, Widmung, Anmerkungen, Glossar usw.); bei zweiterem handelt es sich um Text- und Bildelemente, die das Werk begleiten, ohne direkter Bestandteil desselben zu sein (Präsentation, Kritik, Werbung usw.).
Erweitert man diese Theorie in Anwendung auf den Bereich der Computerspiele, handelt es sich beim Paratext um „eine Gesamtheit von Elementen, die Teil der Spielsoftware sind, die aber nicht wirklich Teil des Spielverlaufs im eigentlichen Sinne sind.6” Paratextuelle Elemente sind auch hier in die Gruppe der Peritexte (Elemente, die auf jeweils bestimmte Weise auf dem Bildschirm erscheinen) und der des Epitexte (Texte, die nicht Teil des Spieles sind, aber trotzdem mit ihm verbunden sind) zu unterteilen. Hier eine in Anlehnung an die Überlegungen von Méndez González et Calvo-Ferrer erstellte und gewiss zu ergänzende Liste dieser Elemente7:
Peritexte |
Epitexte |
Digitale Anleitung Musik Figuren Feinde Dekor Symbole Zum Dekor gehörende Textelemente Kulturelle Elemente |
Print-Anleitung Werbung (Trailer, Plakate) Lösungen des Spiels Fanartikel (Romane, Comics, Spielfiguren) Zum Spiel gehörige Webseite Rechtliche Texte Making Of (Presseberichte über Spieltests) / Spieltestberichte in der Presse |
Von all diesen Peritexten wird nur die Spielanleitung, die Teil der Software ist, systematisch übersetzt, denn sie gibt präzise Anweisungen zur Benutzung der Spielsoftware. Es ist jedoch viel schwieriger, Ton- oder Dekorelemente zu übersetzen. Die Namen der Figuren und Feinde werden auch immer weniger lokalisiert, außer sie enthalten präzise gewisse Anspielungen oder sind von linguistischem Interesse z.B. ein Wortspiel. So findet man in dem Frangazing Assassin’s Creed den berühmten Maler Leonardo da Vinci u.a. für das englisch-, spanisch- und italienischsprachige Publikum, während dem französischen Publikum der ihnen bekanntere Léonard de Vinci präsentiert wird.
Was die Lokalisierung der Namen, die ein Wortspiel beinhalten, angeht, so bieten die Pokémon-Spiele zweifelsohne das beste Beispiel. In einem Interview mit Libération im Jahr 20168 erklärt Julien Bardakoff, wie er mit seinem französisch-japanischen Team die Namen der 151 Pokémon der ersten Generation übersetzt hat. Darin erfährt man, dass die Lokalisierung mehr darauf abzielte, Kinder zum Lachen zu bringen, als Sinn zu vermitteln, wie z.B. im Fall von Tadmorv. Seinen japanischen Namen, Betobetā, verbindet man mit dem lautmalerischen japanischen Wort beto beto „für klebrige Sachen. Das ist das Geräusch, das ein Finger macht, wenn er einen klebrigen Gegenstand berührt. […] Ich habe ein Pokémon gesehen, das wie eine Rotzkugel aussah, deshalb habe ich Tadmorv geschrieben, das ist alles.9“ Es gab auch mehrere Pokémon-Namen, für die das Übersetzerteam nicht unbedingt ein Wortspiel oder eine bestimmte Referenz einbauen wollte; das Aussehen des Pokémon reichte schon aus, um einen lustigen, leicht zu behaltenden Namen zu finden, der manchmal sogar weiter ging als der japanische. Das ist z.B. der Fall des erwähnten Tadmorv (Sleima): Er bezieht sich nicht nur auf etwas Klebriges und Ekliges oder auf die japanische Lautmalerei, die beim französischen Publikum wohl kaum bekannt ist, sondern außerdem auf das Zielpublikum, denn Kinder werdenumgangssprachlich auch als „morveux“ (Rotznasen) bezeichnet.
Nicht zuletzt werden die Symbole zum Großteil in Textelementen erklärt (insbesondere in Dialogen oder Nachrichten), wenn sie eine besondere Bedeutung haben; ist dies nicht der Fall, werden sie nicht übersetzt und stellen ein reines Dekorelement dar. Vorsicht ist jedoch geboten bei linguistischen Symbolen: Hier wird nicht das visuelle Material selbst übersetzt, sondern dessen Botschaft, die vom Zielpublikum verstanden werden soll. Trifft also ein Spielcharakter auf einen Gegenstand, auf dem eine Nachricht in Runen notiert ist, gibt es zwei Möglichkeiten, den Inhalt der Nachricht anzuzeigen: das Öffnen einer Dialogbox oder Untertitel. Welche der zwei Lösungen auch angewandt wird, die Übersetzer*innen betreten damit den spezialisierten Bereich der audiovisuellen Anpassung.
II) Wortmeldungen in Computerspielen: die Anpassung
Die audiovisuelle Anpassung ist ein Spezialgebiet der Übersetzung, das 12 Modalitäten umfasst10, wobei Untertitelung, Übertitelung, Synchronisation und Voiceover die bekanntesten sind. Sie teilen mehrere gemeinsame Merkmale, haben aber auch Eigenheiten. So unterliegen Untertitelung und Übertitelung beispielsweise einer Beschränkung der zulässigen Zeichenenzahl, die auf maximal zwei Zeilen auf dem Bildschirm verteilt werden darf. Diese beiden Arten der Anpassung unterscheiden sich jedoch in einem wichtigen Punkt: der Entwicklung des Inhalts der Quellsprache. Denn die Übertitelung wird im Vorfeld mit einem umfassenden Skript vorbereitet und dann live ausgestrahlt, meist im Theater oder im Rahmen eines Festivals. Das bedeutet, dass Improvisationen und andere Abschweifungen der Personen, deren Redebeitrag übertitelt wird, nicht übersetzt werden. In Gegenteil dazu ist die Untertitelung eine Texteinblendung auf einem Bildschirm, die einem festgelegten und gespeicherten Skript entspricht. Mit anderen Worten bleibt der Inhalt, der übersetzt wird, unverändert.
Synchronisation und Voiceover eint wiederum die zeitliche Begrenzung zwischen Stimme und Bild. Dies gilt umso mehr für die Synchronisation, da sie direkt eine Figurbetrifft, deren Mund und Lippenbewegungen wir sehen können. Übrigens, wenn die Person mit dem Rücken zur Kamera steht, beeinflussen die Reaktionen ihres Umfelds (das Eingreifen einer anderen Figur, ein Gegenstand, der fällt oder bewegt wird usw.) ihre Sprechzeit. Bei einem Voiceover erscheint die sprechende Person nicht auf dem Bildschirm: Sie kann dann diegetisch oder extradiegetisch sein. Im ersten Fall ist sie Teil des audiovisuellen Werks, aber zu diesem bestimmten Zeitpunkt nicht sichtbar. Im zweiten Fall gehört sie überhaupt nicht zum audiovisuellen Werk.
In Computerspielen gibt es neben den klassischen in-game-Textelementen sowohl Untertitel als auch Synchronisation, und manchmal sogar Voiceover; nur Übertitelung kommt überhaupt nicht vor. Diese Elemente können auf dem Bildschirm in verschiedenen Formaten erscheinen, von denen die beiden wichtigsten Dialogboxen und Untertitel sind. Diese beiden Formate sind wiederum nach mehreren Genres audiovisueller Inhalte zu unterscheiden, die stets eine minutiöse Anpassung von Seiten der Übersetzer*innen erfordern. Zu diesen gehören:
Dialoge: Aktionen, die zwischen dem Spieler und den NSCs des Spiels ausgeführt werden. Es kann sich um eine gewollte Interaktion seitens des Spielers handeln, aber auch um eine einfache hörbare Stimmen im Hintergrund, wenn der Spieler nahe genug an einem NSC ist und andere Aktionen ausführt. Dialoge sind das wichtigste Mittel, mit dem die Geschichte voranschreitet. Daher ist es fundamental, sie anzupassen.
Kampfnachrichten: Nachrichten, die während Kampfphasen auftauchen, um über die eingesetzten Fähigkeiten, erlittene Schäden oder vom während des Kampfes ausgeführte Kombos zu informieren. Es kann sich auch um einfache Sätze, oftmals mit provokativer Absicht, handeln, die vom Charakter oder seinem Gegner seiner Persönlichkeit entsprechend ausgesprochen werden, um einen realistischeren und immersiveren Eindruck zu schaffen. Diese Elemente werden meistens mit Untertiteln synchronisiert, aufgrund ihrer Wiederholung insbesondere in Kampfspielen oder RPG, aber es kann ebenso vorkommen, dass sie ohne Untertitel synchronisiert werden, um den Bildschirm nicht zu überladen.
Geschlossene Sequenzen: Videosequenzen im Filmstil, die als Einleitung oder Abschluss eines Spiels, aber auch als Übergang zwischen zwei interaktiven Etappen, zwei Szenen im Spiel dienen können. Sie werden oft verwendet, um Erklärungen zu liefern, oder um die Geschichte weiterzubringen, indem die Figur von einem Ort zum anderen bewegt wird, ein Zeitsprung simuliert oder das Auftauchen oder Verschwinden einer Figur inszeniert wird. In diesen sogenannten geschlossenen Sequenzen hat der Spieler keine Interaktion auszuführen, außer die Szene zu überspringen, wenn er sie nicht sehen möchte. Die Immersion ist durch diese audiovisuellen Sequenzen relativ hoch, bleibt aber auch sehr passiv.
Offene Filmsequenzen: Videosequenzen, die direkt an die Geschichte anknüpfen. In den letzten Jahren greift die in diesen Sequenzen verwendete Grafik auf die des restlichen Spiels, oder zumindest eine ihr ähnliche, zurück. Der Unterbrechungseffekt durch den Beginn der Sequenz vergeht so allmählich und ermöglicht mehr Flüssigkeit, ein Effekt, der auch durch das Quasiverschwinden der Ladezeiten an Anfang und Ende dieser Sequenzen verstärkt wird. Im Gegenteil zu geschlossenen Sequenzen ermöglichen diese Sequenzen, mit dem Spiel zu interagieren, insbesondere durch QTEs (Quick Time Events) oder durch die Wahl zwischen mehrere Antwortmöglichkeiten in einem Dialog. Das Ergebnis dieser Sequenzen hat also einen konkreten Einfluss auf den weiteren Verlauf der Erzählung, in Abhängigkeit vom Erfolg oder Fehlschlagen bei den QTEs und den gegebenen Antworten. Die Immersion wird dadurch viel aktiver. Diese Interaktionen während der Filmsequenzen sind die wichtigsten Teile des gameplays kontemplativer Spiele, einiger Grafikabenteuer und Visual Novels.
Wie soeben gezeigt, sind die zu übersetzenden Textelemente sehr vielfältig, aber nicht alle sind in jedem Computerspiel anwesend: Ob sie vorhanden sind oder nicht, hängt vom Genre des Spiels sowie von den Wünschen des Entwicklerteams ab, das für das Skript und die im Spiel enthaltenen oder nicht enthaltenen Inhalte verantwortlich ist. Auch die Formatierung dieser Elemente ist aus denselben Gründen von Spiel zu Spiel unterschiedlich.
Zu diesen Textelementen kommen jene Elemente, die Teil der audiovisuellen Anpassungen sind: Viele Produktionen, insbesondere unabhängige oder kleine Studios, greifen aufgrund der hohen Kosten von Untertitelung und Synchronisation hauptsächlich auf Dialogboxen zurück. Außerdem sind die Dialogboxen einfacher und schneller in ein Spiel einzufügen, da sie in Bezug auf die Zeichenanzahl nicht so eingeschränkt sind wie Untertitel. Übersteigt die Zielsprache die Ausgangssprache maßgeblich, genügt es in der Tat, einen Übergang zu einer neuen Box einzurichten, ohne dass das visuelle Geschehen parallel zu diesem Einschnitt fortschreitet; umgekehrt kann die Vervielfältigung von Untertitelungen für das Publikum schnell unangenehm werden, besonders dann, wenn der visuelle Kontext in Bewegung ist, während die Untertitel noch nicht vollständig abgespult sind.
Was die wichtigsten Entwicklungsstudios betrifft, werden AAA-Spiele, anders gesagt, jene mit sehr großem Budget, fast systematisch mit Untertiteln und Synchronisationen versehen; ihr Umfang übersteigt manchmal sogar den der in-game-Elemente, z.B., wenn das Lesen bestimmter Dokumente, die im Lauf des Abenteuers entdeckt werden, synchonisiert wird, um ein noch realistischeres und immersiveres Spielerlebnis zu bieten. Die Arbeit der Übersetzer*innen ist dann viel beachtlicher, sie muss millimetergenau auf den audio- und visuellen Kontext abgestimmt werden, wie von den Übersetzer*innen, die im Bereich des Kinos, der Serien, der Reportagen und der Dokumentarfilme arbeiten.
Schließlich ist noch ein letztes Element zu nennen, auf das die Übersetzer*innen achten müssen und das der Verwendung des Begriffs der Lokalisierung im Zusammenhang mit Computerspielen Sinn verleiht: Es handelt sich um die kulturelle Dimension.
III) Die Übereinstimmung zwischen Quell- und Zielsprache: die Lokalisierung
Der Begriff „Lokalisierung“ verweist auf mehrere Konzepte. Zunächst meint er die Lokalisierung oder Ansiedelung von Gegenständen oder Personen in Zeit und Raum. Darüber hinaus ermöglicht die Lokalisierung die Beschränkung, die Definition der Grenzen des lokalisierten geografischen Gebietes. Schließlich wird mit Lokalisierung die „Anpassung eines Produkts, eines Produktions- oder Handelsbetriebes an ein geografisches Gebiet nach dessen natürlicher, technischer, wirtschaftlicher, kultureller und sozialer Faktoren“. Alle diese Definitionen machen jene des Begriffs Lokalisierung aus. „Übersetzung“ und „Lokalisierung“ dürfen jedoch nicht als Synonyme ohne Unterschiede in ihrer Verwendung betrachtet werden. Tatsächlich ist die Lokalisierung als eigenständiges Gebiet ein Berufszweig der Übersetzung; als Verfahren, das von Übersetzer*innen ausgeführt wird, ist die Übersetzung einer der Schritte des Lokalisierungsprozesses. Darin geht letzterer also weit über die Übertragung eines Textes von einer Quellsprache in eine Zielsprache hinaus.
In der Tat berücksichtigt die Lokalisierung während dem Übersetzungsprozess die kulturelle Dimension der Zielregion der Übersetzung. Dies bedeutet, sich an Sprachvarianten anzupassen, auf kulturelle Bezüge und deren unterschiedliche Bedeutungen zu achten, die Nuancen zwischen den beiden Sprachen zu erkennen, zu berücksichtigen, was im Zielland tabu oder verboten ist usw. Dieses Jonglieren mit Kenntnissen über die Quell- und Zielkultur, über die Übersetzer*innen verfügen müssen, ermöglicht es, in gewisser Weise, eine bessere Übersetzung zu produzieren, da diese in der Regel besser an ihr Zielpublikum angepasst ist.
Es ist eher schwierig, genau zu bestimmen, welches Computerspiel als erstes lokalisiert wurde, aber eines der ersten Spiele, das Spuren der Lokalisierung aufweist, ist das Arcade-Spiel Pac-Man, oder genauer sein Name. Tatsächlich hieß das 1980 vom Japaner Toru Iwatani und dem Studio Namco entwickelte Spiel ursprünglich Puckman, ein Kunstwort Wort, das aus den englischen Wörtern „puck“, das „Puck“ oder „Scheibe“ bedeutet, und „man“, also „Mann“, besteht: Diese kleine gelbe Kugel bezog sich zu Zeiten seiner Entwicklung also wahrscheinlich auf einen „puck-mann“. Aber als das Spiel in die USA exportiert wurde, änderte sich der Name, da Puckman „Fuckman“ (der als „Hurenbock“ übersetzt werden kann) grafisch und phonetisch zu ähnlich war; die Besitzer von Spielhallen, deren Besucherzum Großteil junge Leute waren, sahen schon die zukünftige Beschädigungen der Automaten voraus, besonders durch das Ersetzen des Buchstaben „P“ durch „F“. Um zu verhindern, dass irgendwelche Beschädigungen oder Schäden an den Spielautomaten zu beklagen seien – Videospiele waren schon damals nicht unumstritten, bat die amerikanische Gesellschaft Midway Games, die auf die Herausgabe von Spielen spezialisiert war und beschlossen hatte, das Spiel aus Japan zu importieren, um die Änderung des Namens des Spiels. In enger Zusammenarbeit mit Namco und dem Entwickler des Spiels wurde Puckman, auch in Japan, zu Pac-man.
Dennoch, anstatt einen Verlust für das ursprüngliche Produkt darzustellen, ermöglichte diese Lokalisierung die Hervorhebung einer anderen Bedeutung, die der Name des Spiels bereits enthalten hatte. Die japanische Sprache basiert auf einer syllabischen Aussprache: Vokale werden fast immer zwischen Konsonanten gesetzt, um die Aussprache der Wörter zu erleichtern. In der Schriftsprache kennt das Japanische drei Hauptsysteme und ein Nebensystem: Katakana und Hiragana (zwei gleichwertige Silbenschriften), Kanji (eine Gesamtheit aus Logogrammen und Sinogrammen) und Rōmaji (Romanisierung im lateinischen Alphabet ausgehend von den drei anderen Systemen)11. Kanji haben den Vorteil, eine enorme Menge von Informationen auf kleinstem Raum zu liefern, und zwar aufgrund der großen Anzahl von Strichen, die sie enthalten, wobei die komplexesten zwischen 48 und 52 Strichen umfassen. Hiragana ist die am meisten verwendete Silbenschrift, da sie das Grundsystem für die Bildung von grammatischen Morphemen, für die Konstruktion von Adjektiven und für die phonetische Schreibweise der Kanji darstellt. Gelegentlich ersetzt sie bestimmte Kanji, deren Form sehr selten, zu komplex oder schwer zu verstehen ist. Die Katakana-Schrift wiederum wird allgemein verwendet für aus Fremdsprachen entlehnte Wörter, wissenschaftliche und technische Begriffe, die Transkription von lautmalerischen Wörtern (die im Japanischen besonders zahlreich sind), für die Hervorhebung anstelle des Kursivdrucks sowie für einige Begriffe, deren Kanjiform äußerst selten ist. Rōmaji schließlich wird vor allem für technische Wörter verwendet, die mit japanischen Schriftzeichen nicht geschrieben werden können, darunter Akronyme (CD, DVD, NATO usw.) oder für Begriffe, die für einen internationalen Kontext (Eigennamen, Firmennamen usw.) oder den Tourismus bestimmt sind.
Das Spiel Pac-Man verweist also auf ein Element der amerikanischen Kultur (einen Eishockey-Puck) und stammt somit aus dem Ausland. Die ursprünglich verwendete Kalligraphie ist in Katakana, was パックマン gleicht. In seiner Rōmaji-Form muss Pakkuman gelesen werden, die japanische Aussprache von Puckman (Japaner können puck nur als paku aussprechen). Nun verweist das zu paku paku romanisierte lautmalerische Wort ぱくぱくauf den Ausdruck paku paku taberu: taberu bedeutet „essen“ und paku paku, die Entsprechung von „mmh“ und „scunch scrunch“, erinnert an das Kauen12. Es ist kein Zufall, dass Pac-Man ständig seinen Mund wie ein Fisch öffnet und schließt, um Kaugummis (und mit Hilfe von Boostereffekten auch Geister) zu essen, und bezieht sich direkt auf diese japanische Redewendung. Als sich sein Name schließlich von Puckman zu Pac-Man änderte, verstärkte die Lokalisierung das vorhandene sprachliche Kulturem, das niemand außer dem japanischen Publikum verstand.
Schluss
Die Lokalisierung von Computerspielen stellt innerhalb der Übersetzungspraxis eine ganz besondere Disziplin dar, die auch anderen Fachgebieten eigene Merkmale aufweist. Zunächst erfüllen die in diesem Bereich tätigen Übersetzer*innen die Kriterien der Fachübersetzung, insbesondere aufgrund ihrer Beherrschung der Computerspiel-Terminologie, der speziellen Syntax, die von dieser Industrie verwendet wird, und den Marketingbesonderheiten, die man nur bei Computerspielen vorfindet, wie die europäische PEGI-Klassifizierung. Hinzu kommt die Notwendigkeit, bestimmte Aspekte der technischen Übersetzung für die Übersetzung bestimmter paratextueller Materialen (Betriebsanleitung) zu beherrschen, aber auch die Fähigkeit zur Kreativität, die manchmal zur Transkreation neigt, insbesondere im Umgang mit bestimmten Textformaten (Tutorials, Nachrichten, Trophäen usw.).
Neben diesen bereits umfangreichen Kenntnissen sind Übersetzer*innen im Stande, an Spielen zu arbeiten, die auf Untertitel, Synchronisation oder beide zugleich zurückgreifen. Die Beherrschung der Normen für audiovisuelle Anpassung ist daher grundlegend, wenn Übersetzer*innen alle Arten von Inhalten im soeben lokalisierten Spiel bearbeiten möchten, samt der Dialoge und anderen Interaktionen zwischen den verschiedenen Figuren. Dies ist umso wichtiger, wenn nur eine einzige Person für die Lokalisierung verantwortlich ist, wie es bei unabhängigen Produktionen mit kleinem Budget oft der Fall ist. In Fällen, wo die Lokalisierung über ein größeres Team verfügt, können insbesondere Aufgaben im Zusammenhang mit audiovisuellen Inhalten Übersetzer*innenn zugewiesen werden, die mit dieser Art von Inhalten vertrauter sind. So bleibt das Know-how, das an die Merkmale audiovisueller Medien gebunden ist, einen wesentliches Ass im Ärmel der Übersetzer*innen, die zugleich zwei Ämter bekleiden.
Schließlich sind Computerspiele ein Kondensat realer oder fiktiver kultureller Bezüge, die manchmal aus der Kultur des spielentwickelnden Landes stammen, andermal aus dem Ausland entlehnt sind. Für Übersetzer*innen ist es daher essenziell, sowohl die Quell- als auch die Zielkultur gut zu kennen, um lokalisierte Inhalte liefern zu können, die den ursprünglichen Kulturemen Rechnung tragen und gleichzeitig an das Zielpublikum des Computerspiel-Inhalts angepasst sind. Dies geschieht durch zahlreiche, manchmal ungeahnte Aspekte, wie die Anwesenheit einer bestimmten Farbe, eines bestimmten Figurenarchetyps, von Ereignissen, die in der Zielgesellschaft als Tabu gelten, oder von Referenzen, die in der Ausgangskultur eine völlig andere Bedeutung haben.
Abschließend kann festgehalten werden, dass Übersetzer*Innen von Computerspiel-Inhalten verschiedene Kompetenzen unter Beweis stellen müssen, die mit Fachübersetzung, audiovisueller Übersetzung und Lokalisierung verbunden sind: die Fähigkeit, zahlreiche Arten von Medien und technischen Inhalten innerhalb eines Projektes zu übersetzen und gleichzeitig die Terminologie der Industrie und des Kunden zu beachten; die Kenntnis und angemessene Anwendung der Kriterien für Untertitelung, Synchronisation oder Voiceover je nach Projektbedarf; den Rückgriff auf Kenntnisse der Ausgangs- und Zielkulturen, um sicherzustellen, dass die Lokalisierung des Computerspiels flüssig und idiomatisch ist, aber auch, um zu gewährleisten, dass sein Inhalt nicht mit der Zielkultur in Konflikt gerät, und gegebenenfalls nicht zu zögern, den Kunden zu informieren und diesem Lösungen vorzuschlagen.